Glockenweihe durch Kardinal Kasper am 18. Oktober 2020 in Maria Königin

Am vergangenen Sonntag wurde in einem feierlichen Festakt die neue, fünfte St. Michaels-Glocke der Kirchengemeinde Maria Königin gesegnet und geweiht.

Um die Michaelsglocke mit ihren fast 2,3 Tonnen in Stimmung c‘ ihrer Bestimmung zu übergeben, war Walter Kardinal Kasper, ehedem Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart auf Einladung der Tuttlinger Pfarrer Matthias Koschar und Richard Grotz aus Rom nach Tuttlingen gekommen. Eloquent, quirlig und lebensklug-fromm predigte der 87-jährige Kardinal in einem festlichen Pontifikalamt zur Michaelsglocke. Unter der Gemeinde, die sich im Rahmen des Corona-Möglichen zusammengefunden hatte, waren der Stifter der Glocke, Prof. Dr. mult. Michael Ungethüm und der Künstler der Glockenzier Roland Martin.

Nach dem Gottesdienst ging es auf den Kirchplatz, auf dem sich viele interessierte Glockenfreunde eingefunden hatten, um beim Weiheakt dabei zu sein. Dekan Matthias Koschar erklärte die Glocke: Nicht nur, dass die Michaelsglocke den Stifternamen (und den Namen unseres anwesenden OB) trägt, sie passt ganz und gar in unsere besondere Zeit: Michael heißt aus dem Hebräischen: „Wer ist wie Gott?“ – eine Frage, die sich in Anbetracht der Coronapandemie in diesen Tagen immer wieder aufdrängt, wenn es um Allmachtsfantasien bezüglich menschlicher Möglichkeiten geht. Michael steht für den Schutz alles Bedrohten. Der Erzengel ist der Kämpfer gegen das Böse, gegen Teufel und Höllendrachen. Als Chef der himmlischen Heere ist er Beistand in größter Seelennot, wenn es darum geht, die Seelen nach dem Tod zurück ins Paradies zu geleiten, aus dem sie mit der Selbstüberschätzung, sein zu wollen wie Gott, vertrieben wurden…

Tiefsinnig und in gewohnter Brillanz hat Roland Martin die Glockenzier gestaltet: sie formuliert die Vertreibung der Menschen aus dem Paradies in ihr irdisches Dasein und den Sieg des Erzengels über den Drachen. Zudem ist die neue Glocke überzogen vom bayrischen Rautenmuster als Hommage an die Herkunft des Stifters, und der Name der Glocke „Michael“ ist polyglott in allen alten Schriften des Abendlandes verzeichnet. Eingegossen ist zudem die Bitte, dass „Michael die Krankheit Corona endlich und endgültig in die Flucht schlage“.

Und dann sprach der Kardinal das Segensgebet über die Glocke, besprengte sie mit Weihwasser, beräucherte sie mit Weihrauch und salbte sie schließlich durch das glockentragende Holzgerüst hindurch mit Chrisam.

Wie bemerkenswert prägten drei ältere Herren, die gemeinsam Tuttlingen ein ungewöhnlich schönes Geschenk in schwerer Zeit machten, diesen sonntäglichen Herbstnachmittag:

Der Kardinal in sichtlich ansteckender, seelsorglicher Freude, der Künstler Roland Martin in wunderbarer künstlerischer Treffsicherheit und der Stifter Prof. Michael Ungethüm in großzügiger Dankbarkeit an ein erfolgreiches Lebenswerk – im Wissen um den Zusammenhang von Zeit und Ewigkeit.

Es war ein beeindruckendes Ereignis.

Dr. Cornelia Seiterich-Stegmann, Gewählte Vorsitzende Kirchengemeine Maria Königin